Richard und Sabina Wurmbrand haben die Hilfsaktion Märtyrerkirche 1969 offiziell als Verein gegründet. Den Startschuss gab einige Jahre zuvor das Buch „Gefoltert für Christus“ das wie eine Bombe in Deutschland und weltweit einschlug. Ein Fanal gegen den Kommunismus. Es gab Kritik. Das Buch störte den Zeitgeist einer Annäherung an den Kommunismus. Trotz einer damals weltweiten „Controversy“ gab es viel Zuspruch. Die Arbeit der HMK entstand getragen von unzähligen Christen, die in Wurmbrand den Bruder erkannten und sich von der etablierten Kirche hier nicht vertreten fühlten.
„Gefoltert für Christus“ wurde innerhalb von nur drei Tagen kurz nach der Entlassung Wurmbrands aus dem Gefängnis geschrieben. Richard Wurmbrand dazu: „Es wurde aber mit Stift und Tränen geschrieben. Und irgendwie hat Gott beschlossen, diese Schrift zu segnen und für Seine Absicht zu gebrauchen.“
Im Lauf der Jahre ist „Gefoltert für Christus“ in mindestens siebzig Sprachen übersetzt worden. Zig Millionen von Exemplaren sind in der ganzen Welt verbreitet worden. Man kann nur staunen, wie Gott das Zeugnis eines einfachen Pastors gebraucht, die Gemeinde Jesu weltweit zu stärken und herauszufordern. Das Zeugnis der bedrängten Gemeinde hat Kraft. Warum? Weil es im Leid bewährt ist und zeigt, wie Gott trägt.
Als Hilfsaktion Märtyrerkirche geben wir authentische Glaubenszeugnisse von Christen weiter, die für das Evangelium gelitten haben.
Übrigens: In der griechischen Originalsprache des Neuen Testaments bedeutet „Märtyrer“ - „Zeuge“. Es geht beim Martyrium also nicht zuerst um Leid und Blut, sondern darum, Zeugnis zu geben, Glaubenszeuge zu sein, Jesus groß zu machen. Das ist unsere Berufung als Christen. Dazu sind wir in dieser Welt. Daran erinnert uns die bedrängte Gemeinde. Das haben wir weitgehend vergessen. Das ist der Anstoß, den die Märtyrer uns geben wollen. Darum ist es so wichtig, auf die bedrängten Christen zu hören und von ihnen neu zu lernen, dass Jesus auch uns in eine kompromisslose Nachfolge ruft.
In unserem Magazin „Stimme der Märtyrer“ berichten wir von diesen Zeugnissen. Der Schreiber des Hebräerbriefs ist überwältigt, weil „wir eine solche Wolke von Zeugen [„Märtyrern“] um uns haben.“ (12,1)
„Märtyrer“ – dieses Wort befremdet. Oft werden wir von Leuten ermutigt auf den Begriff „Märtyrer“ im Titel unseres Magazins („Stimme der Märtyrer“) oder im Namen unseres Vereins („Hilfsaktion Märtyrerkirche“) zu verzichten. Dabei ist es aber nicht nur das Wort, das uns befremdet, sondern vor allem die Sache selbst. „Die Sache, nicht das Leiden, macht den echten Märtyrer aus,“ stellte der Kirchenvater Augustin einmal fest.
Der neutestamentliche Märtyrer bezeugte nicht nur persönlich die Wahrheit und Macht Jesu, sondern er wollte auch diesem Zeugnis entsprechend leben und es anderen bezeugen, egal, was es ihn kosten würde. Mit der Zeit nahm das Wort Märtyrer eine viel stärkere Bedeutung an, es wurde zur Bezeichnung für jemanden, der nicht nur ein Zeuge ist, sondern auch bereit, für dieses Zeugnis sein Leben zu geben, also den Märtyrertod zu sterben, zum Blutzeugen zu werden.
Wie kann man seiner Sache so sicher sein, dass man dafür sein Leben opfert? Wie kann man von dem, was nicht zu sehen ist, so überzeugt sein, dass man bereit ist, das, was zu sehen ist, dafür loszulassen? Wie kann man die Wahrheitsfrage für sich so eindeutig beantworten? Das befremdet.
Die Märtyrer bezeugen einfach das ihnen anvertraute Wort. Sie sind ein sichtbares Zeugnis der unsichtbaren Gegenwart Gottes. Sie wissen, dass es nicht darum geht, aus einer feindlichen Welt gerettet zu werden. Sie wissen, dass es darum geht, eine feindliche Welt zu retten. Eine Welt, die sonst verlorengeht. Wie alle guten Rettungskräfte sind sie bereit, in ihrem Rettungsdienst das eigene Leben zu riskieren. Das Entscheidende am Martyrium (aus biblischer Sicht) ist aber nicht der Tod, sondern der Gehorsam. Der Gehorsam bis in den Tod ist nur der letzte Abschnitt eines Weges. Eines Weges, zu dem wir als Christen alle gerufen sind: „Ihr werdet meine Zeugen sein.“
Die Botschaft solcher „Zeugen“ Christi lässt sich dann nicht durch körperliche Grenzen oder Einschränkungen aufhalten. Nein, denn da ist einer bereit hinzugehen und alles zu geben, nur um die eine köstliche Perle, den echten Glauben zu haben. So tun es die Märtyrer. Sie geben alles. „Nur“ für diesen Glauben. Sie wissen, dass diese Welt vergeht, die kommende Welt aber bleibt.
Beispiel: Gottes unerschrockene Gemeinde in China - Jeden Sonntag erscheinen zu einer vereinbarten Uhrzeit nach und nach Benutzernamen auf dem Bildschirm. Sobald alle Teilnehmer sich beim Video-Feed angemeldet haben, beginnt der Online-Gottesdienst: Wie in einer „echten“ Kirche singen sie Lieder, beten gemeinsam und hören eine Predigt. Sie nehmen an einem illegalen Gottesdienst teil.
Die christliche Frühregen-Bündnis-Kirche in Chengdu hat sich auf diese Weise geweigert, ihre Gottesdienste einzustellen – trotz des immensen Drucks seitens der kommunistischen Regierung, die 2018 befahl, die Kirche zu schließen. Ihre Mitglieder wurden dazu gezwungen, falsche Geständnisse abzulegen, sie wurden verhaftet und teilweise gefoltert. Doch auch wenn ihr leitender Pastor Wang-Yi nach wie vor im Gefängnis ist, feiern sie weiterhin Gottesdienste. Einige möchten lieber nicht mit der Gemeinde in Verbindung gebracht werden, aber die meisten der 500 Gemeindemitglieder sind bereit, für ihren Glauben Nachteile und Leid in Kauf zu nehmen. Manche haben jetzt rund um die Uhr einen Polizisten vor ihrer Haustür stehen, der jeden ihrer Schritte verfolgt, andere wurden in weit entfernte Orte verbannt.
Der Druck auf die Frühregen-Bündnis-Kirche nahm stetig zu. Trotzdem beschlossen die Leiter der Frühregen-Bündnis-Kirche schließlich, dass es Zeit war, ihre Stimmen zu erheben, und veröffentlichten am 1. September 2018 eine „Erklärung um des christlichen Glaubens willen“. Darin betonten sie die Souveränität Gottes, die Autorität und Unfehlbarkeit der Bibel und die Rolle der Kirche. Sie endeten mit folgendem mutigen Schlusswort: „Wir sind bereit, um des Evangeliums willen jegliche Form des Verlustes in Kauf zu nehmen – sei es der Verlust unserer Freiheit oder gar der Verlust unseres Lebens.“ Pastor Wang Yi war der Erste, der unterschrieb, gefolgt von einer langen Liste weiterer Pastoren und Leiter nicht-registrierter Gemeinden aus dem ganzen Land. Bislang haben 439 Personen diese Erklärung unterschrieben, die sich gegen die staatliche gelenkte Beschneidung der Religionsfreiheit richtet.
Am 9. Dezember 2018 führte die Polizei eine groß angelegte Razzia gegen die Frühregen-Bündnis-Kirche durch und stellte den Betrieb ihrer Schule, ihres theologischen Seminars sowie der Kirche selbst ein. Innerhalb von drei Tagen wurden mehr als 100 Gemeindemitglieder verhaftet. Pastor Wang Yi und seine Frau nahm man ebenfalls gefangen.
In den darauffolgenden Monaten wurden der Hauptsitz sowie vier weitere Standorte geschlossen und die Gemeinde für illegal erklärt. Wenn Gläubige versuchten, sich zu treffen, folgte die Polizei ihnen und schloss die Versammlungen – manchmal prügelten sie dabei sogar auf die Anwesenden ein. Eine Frau wurde so stark verletzt, dass sie infolgedessen ihr ungeborenes Kind verlor.
Trotzdem hörten die Gemeindemitglieder nicht auf, in den Angriffen und Verhören eine Gelegenheit dafür zu sehen, die Gute Nachricht zu verkünden. „Versucht, mit Gottes Hilfe in den Vernehmungen von Jesus zu erzählen“, lautete ein Kommentar auf der Internetpräsenz der Gemeinde. „Versucht, den Verhörraum in einen Gottesdienstraum zu verwandeln.“ Einige Gemeindemitglieder berichteten, dass Wärter zum Glauben kamen und Polizisten offen wurden für das Evangelium, nachdem sie die Zeugnisse einiger Christen gehört hatten.
Jin Rong, die Frau von Pastor Wang Yi, wurde nach sechs Monaten wieder freigelassen. Sie befindet sich aber weiterhin unter Hausarrest. Jedes der über 300 Mitglieder der Frühregen-Bündnis-Kirche, die seit 2018 festgenommen wurden, ist inzwischen wieder auf freiem Fuß – bis auf Qin Defu, einen der Ältesten, und Pastor Wang Yi. Während Qin Defu zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden ist, trifft Wang Yi eine neunjährige Haftstrafe – seit über zehn Jahren die längste, die ein Hauskirchenpastor in China je bekommen hat.
Jeden Monat werden weitere Kirchen geschlossen oder gar abgerissen, Gemeinden durchsucht und Christen verhaftet. Sollte China erneut in eine Phase der intensiven Verfolgung geraten, wie es nach der Kulturrevolution schon einmal der Fall war, so sind die Gemeinden dieses Mal jedoch vorbereitet. Denn inzwischen besitzen viel mehr Gläubige eine eigene Bibel – und wissen um die Früchte, die das treue Zeugnis ihrer Vorgänger hervorgebracht hat.